Mein Berufsalltag als Physiotherapeutin
3. Dezember 2014
Romina Bernasconi - Physiotherapeutin mit bunter Klientel
Romina Bernasconi (28) arbeitet heute da, wo sie als ZHAW-Studierende eines ihrer Praktika absolviert hatte. Sie schätzt an ihrem Arbeitsort die Abwechslung in der therapeutischen Behandlung. Mitunter kann sie im Rahmen der Behandlung zudem von internationalen Patienten auch ihre Sprachkenntnisse verfeinern.
Wie sieht ihr typischer Arbeitstag aus?
Normalerweise komme ich zwischen halb acht und neun Uhr im Medizinischen Zentrum in Baden an, wo ich als Physiotherapeutin arbeite. Zuerst schaue ich mir kurz den Tagesplan an; was heute auf dem Programm steht und ob es Änderungen gegeben hat. Danach beginnt die Behandlung der Patienten. Die jeweils 30-minütige Behandlung beginnt mit einem kurzen Blick auf die Verordnung des überweisenden Arztes, den von mir erstellten Befund, sowie den bisherigen Behandlungsverlauf. Im Behandlungsraum angekommen, erfrage ich den aktuellen Zustand des Patienten und ob es Veränderungen seit der letzten Therapie gegeben hat. Während der Patient einige Repetitionen einer Übung macht, habe ich Zeit, das Dossier nachzuführen. Zwischen den einzelnen Terminen gibt es dafür nur wenig Zeit.
Im Medizinischen Zentrum Baden arbeite ich mit sieben Physiotherapeuten, zwei medizinischen Masseuren sowie zwei Physiotherapie-Praktikanten und einem Medizinischen-Massage-Praktikant zusammen. Einen Stock über uns ist die Praxis eines Rheumatologen, mit dem wir sehr eng zusammenarbeiten und jeden Montag einen halbstündigen Rapport haben.
Da unsere Praxis zentral gelegen ist, haben wir aber auch Patienten von anderen Ärzten aus allen Fachbereichen. Die Abwechslung macht die Arbeit spannend. Speziell am Standort in Baden ist, dass wir einige internationale Patienten behandeln. Diese arbeiten in den hier angesiedelten internationalen Betrieben ABB und Alstom. So kann ich als Physiotherapeutin meine Sprachkenntnisse gut einsetzen und behandle sowohl in Deutsch als auch in Italienisch und Englisch. Für die Behandlungen stehen neben den Einzelräumen auch ein grosser Trainingsraum sowie ein Gehbad zur Verfügung. Zweimal pro Woche betreue ich die ambulante Lungen-Reha für COPD-Patienten. Etwa eine Stunde pro Tag verbringe ich mit dem Praktikant, schaue bei Behandlungen zu oder habe Zeit für Fragen zu Patienten oder Behandlungstechniken.
In die Mittagspause gehen wir in zwei Gruppen, eine halbe Stunde versetzt. Am Freitag gehen wir alle zusammen für eine Stunde in den gemeinsamen Mittag. Die gemeinsame Mittagszeit im Team finde ich super, um mich auch auf persönlicher Ebene mit meinen Arbeitskollegen auszutauschen.
Da wir von 7.30 bis 20.30 Uhr durchgehend geöffnet haben, beende ich meine Arbeit je nach Wochentag zwischen 15 und 20.30 Uhr.
Was gefällt Ihnen an Ihrem Beruf? Gibt es etwas, das Sie nicht gerne machen?
Was mir an der Arbeit besonders gefällt, ist diese Abwechslung: Jeder Patient ist jeweils ganz anders. Es gibt immer wieder schöne Momente mit den Patienten, z.B. wenn sie erzählen, was sich durch die Therapie im Alltag verbessert hat oder wenn sie nach einer schlimmeren Verletzung ihren Sport wieder ausführen oder die Treppen hochsteigen können.
Zudem schätze ich die Arbeit im Team sehr. Ich kann bei meinen Arbeitskollegen eine Zweitmeinung oder Behandlungsideen einholen. Und last but not least haben wir hier mit dem grossen Trainingsraum und dem Gehbad eine super Infrastruktur mit vielen Therapiemöglichkeiten. Schwierig wird es teilweise, weil die Einzelräume etwas knapp bemessen sind. Dann müssen wir jeweils kreativ werden. Wir finden aber immer eine Lösung.
Was haben Sie nach ihrem Studium an der ZHAW gemacht?
Ich habe bereits mein zweitletztes Praktikum im Medizinischen Zentrum in Baden absolviert und damals erwähnt, dass ich gerne nach meinem Abschluss dort arbeiten würde. Glücklicherweise wurde im November 2011 eine Stelle frei und ich konnte in Baden gleich nach meinem Studiumsabschluss eine Festanstellung antreten.
Noch während dem Praktikum habe ich einen Kinesiotape Grundkurs gemacht, kurz nach der Ausbildung folgte der Aufbaukurs. Im 2012 nahm ich an einem Schulterkurs teil. Im gleichen Jahr war ich Stellvertreterin einer Praktikumsausbildnerin in unserer Praxis. Das hat mir sehr viel Spass gemacht. Ich hab mich darauf entschieden, den Kurs „Praxisausbildung 1“ an der ZHAW zu besuchen. Seit aAnfang 2013 betreue ich jeweils einen der beiden Praktikanten der ZHAW. Ende 2013 begann ich mit der Ausbildung zur Sportphysiotherapeutin, welche ich in den nächsten Monaten abschliessen werde.
Die letzten zwei Jahre betreute ich in meiner Freizeit zudem ein American Football Team als Physiotherapeutin. Unter der Woche konnten mich die Spieler per Email und Telefon kontaktieren und an den Spieltagen war ich jeweils vor Ort, um die Spieler vor dem Spiel zu behandeln und bei Verletzungen am Spielfeldrand Tests durchzuführen und die Spieler in der Entscheidung, ob sie weiterspielen können oder nicht zu unterstützen.
Wie empfanden Sie den Einstieg ins Berufsleben? Gab es Überraschungen?
Der Einstieg in den Berufsalltag nach dem Studium war für mich nicht von vielen Überraschungen geprägt, da ich an meiner Arbeitsstelle bereits ein fünfmonatiges Praktikum während dem Studium absolviert hatte. In diesem Sinne fand für mich der Berufseinstieg im ersten Praktikum statt. Zu Beginn des Praktikums war es sehr speziell, mit Patienten alleine bei Behandlungen zu sein und zu entscheiden was zu tun war. Zum Glück hatte ich immer gute Unterstützung von den Praktikumsbetreuern und konnte viele nützliche Erfahrungen sammeln.
Wo wollen Sie in fünf Jahren stehen? Wie sind ihre Zukunftspläne? Was ist ihr Traumjob?
Mir gefällt der ambulante Bereich sehr gut, gerade weil er so abwechslungsreich ist. Da fühle ich mich wohl und möchte weiterhin in verschiedenen Fachbereichen arbeiten. Patienten im Bereich der Sportphysiotherapie sowie der Neurologie interessieren mich sehr.
Ebenso schätze ich die Arbeit mit den Praktikanten und möchte dies auf jeden Fall weiterverfolgen.
Ich kann mir auch gut vorstellen, zeitlich begrenzt ins Ausland zu gehen, wenn sich die Möglichkeit dazu ergibt, z.B. um ein Sportteam während einer Wettkampfperiode zu begleiten.
Mein Tipp an heutige Studierende.
Habt keine Hemmungen, bei Unklarheiten nachzufragen. Fragen ist gut!
Sammelt während den Praktika Erfahrungen in möglichst vielen Bereichen: Sorgt dafür, dass ihr bei Operationen, auf der Intensivstation, bei der Arztvisite und bei Hausabklärungen dabei sein könnt und in die Orthopädietechnik und andere Fachbereiche hineinschauen könnt. Das sind Erfahrungen, die sich euch nachher im Berufsalltag nicht mehr so schnell ergeben. Nutzt sie!
Dieser breite Erfahrungsschatz erleichtert euch später die interprofessionelle Zusammenarbeit und ihr könnt euch besser Vorstellen, welchen Prozess der Patient gerade durchmacht oder was noch auf ihn zukommt.