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Mein Berufsalltag als Pflegefachperson


04. November 2014

Daniela Büchler - Pflegefachfrau bereitet sich auf "Ärzte ohne Grenzen" vor

Daniela Büchler (29) schloss ihr Bachelorstudium in Pflege vor vier Jahren an der ZHAW ab. Diesen Sommer arbeitete sie als Hüttenhilfe in der Planurahütte auf knapp 3000m über Meer. Jetzt bereitet sie sich auf ihre Bewerbung bei "Ärzte ohne Grenzen" vor.

Wie sieht Ihr typischer Arbeitstag aus?

Ich arbeite seit zwei Monaten in der Planurahütte des SAC Tödi. Das hat nicht sehr viel mit meinem Bachelorstudium in Pflege zu tun, bringt aber eine gute Abwechslung. 

Ich habe meine letzte Stelle als Pflegefachfrau im Kantonspital Glarus im Juni 2014 gekündet, um mich für einen Einsatz bei "Ärzte ohne Grenzen" zu bewerben. Gleich nach der Kündigung wurde ich von einer Freundin angefragt, ob ich für den Rest der Sommersaison als Hüttenhilfe in der Planurahütte einspringen könne. Und da bin ich nun, in der Planurahütte auf knapp 3'000 Meter über Meer. Der Alltag hier oben richtet sich ganz nach den Gästen und wird vom Wetter geprägt. Wir haben 41 Betten, die jeweils an den Wochenenden alle ausgebucht sind, aber je nach Wetter und Schneesituation kommen alle oder niemand. Unter der Woche übernachten im Schnitt 5-15 Personen. Zu zweit kümmern wir uns um die Gäste, backen, kochen, putzen und machen Unterhaltsarbeiten an der Hütte. Die Tage auf der Hütte sind zwar länger und die Nächte kürzer als im Spital, die Atmosphäre empfinde ich aber weniger stressig, sie ist weniger von Zeitdruck geprägt. Auch hier oben auf 3'000 Metern trifft man hin und wieder schwerkranke Menschen – z.B. mit Krebs, Demenz, Parkinson – oder solche, die erst gerade eine schwere Krankheit überwunden haben. Ich schätze es als Pflegefachfrau, Menschen mit Krankheiten zur Abwechslung ausserhalb des Spitalkontextes zu treffen und zu sehen, dass ein Leben mit der Krankheit möglich ist. Ich sehe für einmal das Leben mit der Krankheit und nicht die Krise mit der Krankheit. 

 

Was gefällt Ihnen an Ihrem Beruf? Gibt es etwas, das Sie nicht gerne machen?

Bei meiner letzten Stelle im Kantonsspital Glarus arbeitete ich als Pflegefachfrau in der Inneren Medizin. Mir gefällt dort vor allem die Vielfalt der Tätigkeiten und der Patienten. Da berate ich den Herzinfarktpatienten, begleite schwer Erkrankte und spreche mit den Angehörigen über den Sterbeprozess, erledige handwerkliche Dinge wie Infusionen legen, Blut entnehmen, Wunden verbinden. So empfinde ich den Alltag sehr abwechslungsreich und ich tausche mich gerne mit den Teamkolleginnen über die Patienten aus. Überhaupt finde ich die Teamarbeit etwas Wertvolles an meinem Job. Da muss ich nicht alles können, jeder im Team hat seine Fähigkeiten, Stärken und Schwächen und man kann sich gegenseitig unterstützen und ergänzen. Auch der interprofessionelle Austausch und das Lernen von anderen gefällt mir sehr: z.B. beim Lagern eines Patienten zusammen mit den Physios oder auf der Visite mit den Ärzten. Jede Disziplin schaut mit einer eigenen Perspektive auf den Patienten und der Austausch darüber ist lehrreich, das ist für mich jeweils wie "Gratiswissen". 

Doch ich will auch nichts beschönigen: Bei der Arbeit im Spital mit den Patienten kommt manchmal das eigene Wohl zu kurz. Da ist es nicht immer einfach, auf sich selbst Rücksicht zu nehmen. Und manchmal ist die Arbeit recht einfach und repetitiv (z.B. Medikamente richten). Zum Ausgleich bin ich gerne draussen in der Natur, mit Freunden unterwegs, beim Kaffee oder mache Musik. 

 

Was haben Sie nach Ihrem Studium gemacht?

Da ich keine Lehre im Gesundheitsbereich gemacht habe, musste ich nach dem Studium noch ein letztes Praktikum absolvieren. Ich konnte dies im Stadtspital Triemli in Zürich tun und nach den neun Monaten Praktikum wurde ich dort eingestellt. Das Praktikum war für mich super, ich wurde sehr gut begleitet und konnte von Tag zu Tag mehr Kompetenzen erwerben und Verantwortung übernehmen. So blieb als einzige grosse Veränderung - von der Praktikantin zur frisch Diplomierten - der Anstieg des Lohnes. Im Triemli war ich insgesamt zwei Jahre auf der Inneren Medizin angestellt. 

Danach arbeitete ich für die Wintersaison in Braunwald als Skilehrerin, bevor ich mich um eine Stelle auf der Inneren Medizin im Kantonsspital Glarus bewarb. Zurück im Spital habe ich als Pflegefachfrau in der Ausbildung von Lehrlingen und Schülern mitgearbeitet und das SVEB-Zertifikat Stufe 1 erwerben können. In der Wintersaison konnte ich jeweils mein Pflegepensum auf 60-70% reduzieren, um daneben als Skilehrerin in den Bergen zu sein. Aufgrund meines langjährigen Interesses für einen Einsatz im Ausland, habe ich mich in dieser Zeit dazu entschieden, den zweimonatigen "Allgemeinen Tropenkurs" am Tropeninstitut in Basel zu absolvieren. Der Kurs bereitet auf das Leben und Arbeiten in benachteiligten Ländern vor und ist eine Voraussetzung für die Bewerbung bei "Ärzte ohne Grenzen". 

 

Wie empfanden Sie den Einstieg ins Berufsleben? Gab es Überraschungen?

Ich empfand das letzte Praktikum im Triemlispital als eigentlichen Berufseinstieg. Das war streng und mit Unsicherheiten verbunden: Mache ich alles richtig? Ich habe aber zum Glück sehr schnell den Draht zum Team gefunden und fühlte mich gut aufgehoben und gestützt. Ich fühlte mich am Anfang schon als Neuling, die noch nicht viel wusste, stiess aber auf sehr viel Verständnis und Interesse zum Studium und dem aktuellen Wissen, das ich mitbrachte.

Am Anfang gingen mir die Patientensituationen mit der ganzen Krankengeschichte oft sehr nah. Mittlerweile ist das viel einfacher geworden, ich habe mich zu einem Teil daran gewöhnt und zum anderen gelernt, damit umzugehen. 

 

Was ist Ihnen aus Ihrer Studienzeit besonderes in Erinnerung geblieben?

Das Studium in Winterthur war für mich eine spannende Zeit. Ich fand es gut, dass wir gleich zu Beginn des Studiums einen engen Kontakt mit den Ergo- und Physiotherapiestudierenden hatten. Dieser interprofessionelle Austausch war für mich äusserst lehrreich. Am meisten haben mich als Gymnasiastin ohne Erfahrungen in den Gesundheitsberufen die Praktika geprägt. Hier lernte ich die Praxis kennen und was ich zuvor in den Schulräumen der ZHAW gelernt hatte, wurde nun aus einer anderen Perspektive betrachtet. Hier konnte ich testen, ob ich mit meinem Wissen, meiner Erfahrung und meiner Art im Pflegealltag bestehen kann und in welchem Bereich der Pflege es mir am besten gefällt. 

 

Wo wollen Sie in fünf Jahren stehen? Was sind Ihre Zukunftspläne? Was ist Ihr Traumjob?

Derzeit bereite ich mich auf die Bewerbung für einen Einsatz bei "Ärzte ohne Grenzen" vor, in dem ich nach meiner Hüttenzeit für einige Monate in der Romandie arbeiten werde, um mein Französisch (Amtssprache bei "Ärzte ohne Grenzen") zu verbessern. Den Tropenkurs den ich letztes Jahr in Basel absolviert habe, war unglaublich spannend. Nach vier Jahren arbeiten wieder einmal Schülerin zu sein, war schön. Ich habe in Basel das Lernen als Privileg sehen können. Das wusste ich an der ZHAW als BSc-Studentin leider noch nicht so zu schätzen. Der Tropenkurs hat mir aber vor allem die Augen geöffnet und mir gezeigt, dass und wie unsere Welt strukturell ungerecht organisiert ist. Mein Idealismus wurde geschürt, aber auch das Interesse für andere Kulturen, für ein anderes Gesundheitsverständnis, für einen anderen Umgang mit Krankheit, Beschwerden und Krisen, Leben und Tod, für andere Heilungsmethoden und andere Werte im Gesundheitswesen. Dabei interessieren mich nicht Kriegsgebiete, sondern eher stabile und sichere Regionen dieser Welt. Die Region oder der Kontinent spielt für mich eine weniger wichtige Rolle als die Art des Projektes.

Jetzt bewerbe ich mich aber erst einmal und hoffe, dass ich alle Anforderungen erfülle und zum Bewerbungsgespräch eingeladen werde. 

 

Mein Tipp an heutige Studierende.

Bringt euer zeitgemässes und aktuelles Wissen vom Studium in der Praxis ein. Fragt nach, wenn euch etwas veraltet erscheint, hinterfragt "Stationsmödeli", bringt uns frischen Wind. Habt keine Angst vor Unerfahrenheit! Das aktuelle Wissen habt ihr, die Erfahrung haben die älteren in der Praxis.

Und: Sucht im grossen Jobangebot nach eurer Traumstelle, geniesst die Wahlmöglichkeiten und geniesst das breite Feld und die vielfältigen Möglichkeiten als Pflegefachfrau. 

 

Hier arbeite ich: